Haben Sie sich schon mal mit dem Thema „Wissen“ befasst? Was macht das Thema so spannend? Was ist das eigentlich – Wissen? Da gibt es zwei wichtige Aspekte: die Wissensarten und die Unterscheidung zwischen Informationen und Wissen. Fangen wir mit den Wissensarten an.
Kennen Sie den Unterschied zwischen implizitem und explizitem Wissen? Neulich finde ich folgende Werbung: „…Sichern Sie Ihr wichtiges implizites Wissen in einer Dokumentation… Hier kostenlos herunterladen“. Implizites Wissen dokumentieren? Wirklich?
Ein Beispiel: „Es ist verboten, den Polizisten umzufahren. Aber Sie dürfen ihn gerne umfahren“. Das Wörtchen „um“ wird in der deutschen Grammatik als „Halbpräfix“ bezeichnet. Je nachdem, wo man es hinsetzt, führt es zu einer anderen Bedeutung. Das interessiert Sie gar nicht? Mich auch nicht. Die Nutzung von Sprache ist nämlich implizit. Sie nutzen die Sprache einfach – ohne nachzudenken. Und ob „um“ ein Halbpräfix ist, muss ich auch gar nicht wissen. Hauptsache, wir fahren den Polizisten nicht um!
Wissen das man aufschreiben kann
Also: es gibt explizites Wissen, das man aufschreiben kann. Sie können vielleicht ein Back-Rezept aufschreiben. Und es gibt implizites Wissen, das man nicht aufschreiben kann. Wie muss sich der Teig nach dem Rühren anfühlen? Das können Sie nicht aufschreiben. „Implizites Wissen aufschreiben“ ist also ein Widerspruch in sich!
Und warum ist es im Arbeitsalltag wichtig, dieses Detail zu kennen? Meine Lieblingsgeschichte dazu ist die von einem Getriebehersteller, der Mitarbeiter im Alter über 55 „betriebsbedingt“ gekündigt hat. Trotz allen Einhaltens von Vorschriften gab es einen rasanten Anstieg der Fehlerrate. Auslieferungen wurden zu Zufallstreffern. Daraufhin kaufte man einen Mitarbeiter teuer zurück. Die Ursache war schnell gefunden: die erfahrenen Mitarbeiter haben die Getriebe nach Gehör eingestellt. Implizites Wissen halt – nicht aufzuschreiben.
Apropos aufschreiben. Nehmen wir an, der Mitarbeiter hat sein komplettes explizites Wissen aufgeschrieben. Bedeutet das, dass die Kollegen, die das lesen, automatisch auch dieses Wissen haben?
Nach dem Wissen kommt die Kenntnis
Hierzu gibt es eine Kette aus der Informatik zu beachten: Ziffern, Daten, Informationen, Wissen. Und nach dem Wissen kommt die Kenntnis oder Kompetenz. Ein Beispiel: Sie lesen eine Chinesische Zeitung. Und Sie sehen nur Zeichen. Okay, Sie sind Chinese oder haben Chinesisch gelernt? Dann können Sie die Zeichen lesen, und sie werden so zu Daten (Sie können Wörter bilden) oder Informationen. Das finden Sie vielleicht interessant, aber Sie können mit diesen Informationen nichts anfangen, wenn Sie nicht aus der Gegend stammen, aus der die Zeitung kommt.
Da steht zum Beispiel etwas über das Chinesische Neujahrsfest. In unserem Kulturkreis hört man davon in den Medien. Aber Ihr Gehirn verknüpft nichts damit. Ganz anders sieht es mit folgendem Datum (Daten) aus: 24.12. Sofort ploppen 1000 Bilder in Ihrem Gehirn auf. Sie verbinden sogar Gerüche. Das ist Wissen. Und Kenntnis ist, das Weihnachtsfest stressfrei zu feiern…
Also: kommt ein neuer Mitarbeiter ins Unternehmen und muss alles lesen, was der Vorgänger aufgeschrieben hat, bekommt er eine Ahnung von dem, was ihn erwartet. Diese Informationen in Wissen und Kenntnis umzusetzen, ist allerdings eine ganz andere Sache. Es erfordert einen guten Mix aus Informationen, Praxis und Netzwerk, um zügig handlungsfähig zu sein.
Fazit: Sie und Ihre Mitarbeiter wissen viel mehr, als Sie aufschreiben können! Und da jeder Mensch seine eigenen Erfahrungen macht, verknüpft er Dinge individuell. Selbst Zwillinge haben nicht das gleiche Wissen. Das ist doch beachtenswert, oder? Und führt schnell zu dem Spruch „Wenn Sie wüssten, was Ihre Mitarbeiter/ Kollegen/ Nachbarn alles wissen…!“.
Wenn Sie nächstes Mal durch die Hallen Ihres Unternehmens gehen: fragen Sie ruhig mal nach (oder beobachten Sie), was Ihr Kollege oder Ihre Mitarbeiterin alles weiß. Sie werden nicht schlecht staunen! Achtung: Wissen!
Text und mehr Informationen:
Dorothé Mertens,
www.wissenshunter.de