Präzises Handwerk: Feinwerkmechaniker sind begehrte Fachkräfte

Ob Windkraftanlagen oder Raumfahrttechnik: Selbst die größten Maschinen enthalten kleine Bauteile. Feinwerkmechaniker stellen sie her.
Präzises Handwerk: Feinwerkmechaniker sind begehrte Fachkräfte. Foto: Ina Fassbender/dpa-tmn

Präzises Handwerk: Feinwerkmechaniker sind begehrte Fachkräfte

Ob Windkraftanlagen oder Raumfahrttechnik: Selbst die größten Maschinen enthalten kleine Bauteile. Feinwerkmechaniker stellen sie her. Entsprechend viele Perspektiven bietet der Beruf – auch deshalb, weil die Branche ein echtes Nachwuchsproblem hat.

Olfen (dpa/tmn) – Große Maschinen faszinieren Sebastian Schemmer. Doch er beschäftigt sich vor allem mit ihren kleineren Teilen. «Ich will die technischen Zusammenhänge verstehen», sagt der 20-Jährige. Er macht in einem kleinen Betrieb für Präzisionsfertigung im nordrhein-westfälischen Olfen seine Ausbildung zum Feinwerkmechaniker.
Schemmer lernt, aus Metall Präzisionsbauteile für Maschinen und Geräte zu fertigen und sie zu Einheiten zu montieren. Dabei nutzt er sogenannte zerspanende Verfahren. Einfach gesagt entstehen bei solchen Verfahren Späne, wenn Werkstücken eine Form gegeben wird – beispielsweise durch Drehen, Fräsen, Bohren oder Schleifen. Die duale Ausbildung dauert dreieinhalb Jahre. Schemmer ist im zweiten Lehrjahr.

In dem Betrieb mit zehn Mitarbeitern werden die Azubis in alle Arbeitsabläufe eingespannt. «Sie haben bei uns den Vorteil, dass sie vom ersten bis zum letzten Tag in der Produktion dabei sein können», sagt Schemmers Chef Harald Dreckmann. Es geht also von Beginn an um Bauteile, die verkauft werden. «Die müssen natürlich top sein.»
Anfangs laufe dabei schon mal etwas schief, verrät Schemmer. «Wenn man mal einen Wert vertauscht, fährt die Maschine irgendwo hin, wo sie nicht hinfahren soll.»
Bereits in der zehnten Klasse hat Schemmer den Betrieb bei einem Praktikum kennengelernt. «Das hat mir richtig Spaß gemacht», sagt er. Ob Bewerber wie Schemmer Abitur oder einen Hauptschulabschluss haben, spiele für ihn keine Rolle, sagt Harald Dreckmann. «Ich gucke auf keinen Fall auf die Schulnoten.»

Stattdessen lade er die jungen Leute zu einem Gespräch und einem anschließenden Praktikum ein. Dann merke man ganz schnell, ob es passt, erklärt der Firmenchef. So wird es auch anderswo gehandhabt: Ein bestimmter Abschluss ist für die Ausbildung zum Feinwerkmechaniker keine Voraussetzung, ein knappes Drittel der Azubis hat laut Bundesagentur für Arbeit einen Hauptschulabschluss – und nur etwa jeder Achte (12 Prozent) Abitur.

Markus Wienken weiß, was angehende Feinwerkmechaniker für den Job mitbringen müssen. Gutes räumliches Vorstellungsvermögen sei eine Voraussetzung, sagt der Koordinator für die gewerblich-technischen Berufe am Richard-von-Weizsäcker-Berufskolleg in Lüdinghausen. Das ist die Berufsschule, die auch Schemmer besucht.
Mitbringen sollten Feinwerkmechaniker auch mathematisches Grundverständnis und Lust, sich mit technischen Zusammenhängen auseinanderzusetzen, zählt Wienken auf. Auch Teamfähigkeit und Mut etwas auszuprobieren sind gefragt.

Schwerpunkt der Ausbildung sind Feinmechanik, Maschinenbau und Zerspanungstechnik. Zu Beginn steht im Betrieb der Werkstoff Metall im Mittelpunkt: Azubis fertigen manuell kleinere Werkstücke durch Sägen, Feilen und Bohren. Dabei lernen sie Werkstoffeigenschaften wie Festigkeit, Härte und Gewicht kennen. «So können sie sich hinterher bei der maschinellen Zerspanung ein Bild über die wirkenden Kräfte und damit über die hier entstehenden Gefahren machen», sagt Wienken.

In der Schule geht es um die Hintergründe: Was passiert bei der Metallbearbeitung? Wie funktioniert die Spanbildung? Auch Pneumatik und Hydraulik stehen auf dem Stundenplan. «Die theoretischen und praktischen Inhalte werden immer komplexer», sagt Wienken. Attraktiv an dem Beruf sei sein hoher Grad an Technisierung. Die Betriebe arbeiten beispielsweise mit sogenannten CNC-Maschinen, die automatisiert komplexe Formen fräsen können.

An der Berufsschule falle ihm durch sein Wissen aus dem Physik-Leistungskurs am Gymnasium vieles leicht, sagt Schemmer. «Elektrotechnik aber ist ein Bereich, den ich nicht so gerne mache», gesteht er.

Ob bei Getriebeherstellern, im Windkraftanlagen-Bau, in der Medizintechnik oder in der Luft- und Raumfahrtechnik – der Beruf bietet viele Perspektiven. Viel Geld gibt es allerdings nicht, zumindest in der Ausbildung: Angehende Feinwerkmechaniker erhalten nach Beispielwerten der Bundesagentur für Arbeit je nach Ausbildungsjahr zwischen 400 und 960 Euro. Wie viel sie danach verdienen, sei je nach Bundesland und Betrieb verschieden, sagt Diether Hils, Geschäftsführer im Bereich Berufsbildung beim Bundesverband Metall. «Aber wenn sie gut sind, verdienen sie gutes Geld.»

Wie in vielen Handwerksberufen gibt es auch beim Feinwerkmechaniker Nachwuchssorgen. Azubis werden dringend gebraucht, sagt Hils. «Der Markt ist praktisch leer gefegt.» Unter anderem auf Ausbildungsbörsen buhlt sein Verband um Nachwuchs. «Wir haben generell das Gefühl, dass junge Leute heute nicht mehr so technikaffin sind. Nichtsdestotrotz ist der Feinwerkmechaniker ein toller Beruf.»

Nach ihrer Ausbildung können sich Feinwerkmechaniker zum Techniker oder Meister weiterbilden oder ein Studium anschließen. Schemmer weiß noch nicht, wohin sein Weg führen wird. «Grundsätzlich würde ich gerne in dem Betrieb bleiben», sagt er. Ein Studium oder eine Weiterbildung könne er sich aber auch vorstellen.

 

Von Inga Dreyer, dpa

Bilder, dpa

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