DER BEGRIFF DES ABSOLUTEN – Gott oder das ästhetisch Vollkommene?

Der Ausdruck „absolut“ bedeutet so viel wie „unbedingt“, „uneingeschränkt“ beziehungsweise „vollkommen“. Er wird auch verwendet, wenn ein Sachverhalt keiner weiteren ,höheren’ Bestimmung bedarf, im Gegensatz zu „relativ“. Das Wort...
OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Der Ausdruck „absolut“ bedeutet so viel wie „unbedingt“, „uneingeschränkt“ beziehungsweise „vollkommen“. Er wird auch verwendet, wenn ein Sachverhalt keiner weiteren ,höheren’ Bestimmung bedarf, im Gegensatz zu „relativ“. Das Wort „absolut“ mit seinen zahlreichen Wortverbindungen und dessen Substantivierung „das Absolute“ gehört ursprünglich zum metaphysischen (übernatürlichen) und theologischen (religiösen) Wissen.

Letztlich geht es dabei auch um Erkenntnistheorie, um die Frage nach dem Verhältnis von Sein und Bewusstsein. Nach dem Philosophen Immanuel Kant ist das Absolute ein relatives Prinzip zum Zweck der systematischen Einheit der Sinnenwelt, etwas was durch nichts anderes als durch sich selbst verursacht und bedingt ist, daher oft Gott gleichgesetzt wird.

Die Wurzel ausgraben

Heute scheint von allem das Substantiv, das Absolute, zu den Begriffen zu gehören, bei denen man vorsichtig ist – nach dem Verzicht der modernen Philosophie auf alle Metaphysik und damit der ,Transzendenz’ von Erfahrungen. Schweigen sollte man, da man über sie nicht reden kann. Wenn man sich jedoch darüber einig ist, dass der Begriff „das Absolute“ eine große und tiefe Geschichte hat und wenn man dieser Geschichte Relevanz zugestehen will, könnte man sich versucht fühlen, der Vieldeutigkeit dieses Begriffes die Wurzel auszugraben.

In der griechischen Philosophie fehlt ein genaues Äquivalent für „absolut“ und „das Absolute“. Hierbei wird besonders bei Platon auf die Idee des Guten verwiesen. Wird die ontologische (Lehre vom Sein) Dimension des absoluten Guten letztlich auf das Ende alles Seins bezogen. Das Sein kann so als Relatives verstanden werden. „Absolut“ beziehungsweise „absolutus“ wird im klassischen Latein als Gegenbegriff zu „relativus“ gebraucht. Hierbei ist „absolut“ auf „das glückliche Leben“ angewandt.
Das Perfekte, Vollkommene

Auch Seneca (römischer Philosoph und Schriftsteller) verknüpft „absolutus“ mit Perfektem, Vollkommenem. Die Einheit der Kardinaltugenden wird auch mit diesem Begriff bezeichnet. Alle Bestimmungen des späteren „absolut“ sind also schon in der Antike ausgebildet, sodass bei den lateinischen Kirchenvätern sehr früh „absolutus“ zur Kennzeichnung Gottes benutzt wird, wenn auch die direkte Gleichsetzung vorerst noch fehlt. Der Absolutheitsanspruch des Christentums lässt sich schon früh beim Kirchenvätern nachweisen. Ebenso bezeichnet Acaustirus (lateinische Kirchenlehrer und Philosoph) den christlichen Glauben als Simplex at absoluta.

Er nennt die Gnade Gottes das höchste Heil für den Christen und formuliert die Absolutheit im christlichen Gottesbegriff, wenn er auch die Gleichsetzung nicht kennt. Die Anwendung der deduktiven Methode entspricht der Definition Gottes als einen „Absoluten“, aus dem alles abzuleiten ist.

Die Natur Gottes

Am Schluss des ersten Teiles seiner Betrachtung zur Ethik fast Spinoza (niederländischer Philosoph) alle Definitionen zusammen: „Hiermit habe ich die Natur Gottes und seine Eigenschaften entwickelt, nämlich, dass er notwendig existiert, dass er einzig ist, dass er allein Kraft der Notwendigkeit seiner Natur ist und handelt, dass er die freie Ursache aller Dinge ist und auf welche Weise und das alles in Gott ist und von ihm derart abhängt, das ist, ohne ihn wäre weder Sein noch kann es begriffen werden und schließlich, dass alles von Gott vorbestimmt ist. Und zwar nicht durch Freiheit des Willens oder durch ein unbedingtes Gutdünken, sondern durch Gottes unbedingte Natur oder unendliche Macht.“

Die Vorstellung ist, dass in der einzelnen Monade (Erzeugungsteil) das Absolute enthalten ist, wenn auch verglichen mit Klarheit Gottes. „Confusio“ ist sicher für die spätere Entwicklung des Prinzips der Subjektivität bedeutsam gewesen, aber auch für die Entstehung und philosophische Legitimation der Ästhetik. Zwar ist „confusio“ hier nur Vorstufe der deutlichen Erkenntnis, aber wie die Dämmerung zwischen Nacht und Mittag notwendig zum Ganzen ist, gilt auch hier die für die Erkenntnis: Kann ich nicht immer starkes Licht haben, so muss ich doch auch das schwächere nicht verachten.

Die schöne Kunst

Mit der weiteren Ausbildung der Ästhetik bekommt die schöne Kunst als sinnliches Wissen, welches absolut zur Anschauung und Empfindung kommt, in der idealistischen und romantischen Philosophie der Kunst die zentrale Funktion der Vermittlung des Unendlichen und Endlichen. Besonders (etwa für Schelling) als Darstellung des Absoluten in der Identität von Objektivem und Subjektivem.

Der Pantheismus (alle Götter), der Streit um Spinozas Gottesbegriff – in den hauptsächlich Goethe und Kant verwickelt waren – hat dem Idealismus einen Begriff vom Absoluten gegeben, weitgehend in der Gegenposition zu Jakobi, der die Gleichsetzung des Absoluten mit Gott durch Spinoza entschieden zurückweist. Der Gott der Bibel ist erhabener als der Gott, welcher nur ein Absolutes ist, wie sehr man auch dieses mit dem schmückenden Flickwerk der Fantasie umgibt. Wir sehen nie das Absolute, wir glauben es.

Absolut möglich

Der Begriff „absolut“ ist bei Kant identisch mit „absolut möglich“. Diese absolute totalitäre Vorstellung zielt allein daraufhin ab, durch den Kunstbegriff alle Verstandeshandlungen in ein ,Absolutes des Ganzen’ zusammenzufassen. Hegel sagt in seiner „Phänomenologie des Geistes“ die Philosophie wolle nicht dies oder das erkennen. Hier gehe es um das Ganze, das Absolute. Doch wie fängt man das an? Zum absoluten Erkennen könnte sinnvoll erscheinen, zunächst einmal unsere Erkenntnis selbst unter die Lupe zu nehmen. Schließlich ist alles, was wir über einen Gegenstand in Erfahrung bringen können, auf die eine oder andere Weise durch sie vermittelt. Diese Vorstellung jedoch setzt voraus, dass wir vom Absoluten getrennt sind, dass wir das die erkennen, auf der einen Seite stehen und das Absolute als unsere Erkenntnis Gegenstand auf der anderen ist.

Wahrheit ist Relativ

Fast alle Philosophen des ausgehenden 18. Jahrhunderts können den Bann der Kritik der reinen Vernunft nicht entgehen oder versuchen dies transzendentale Philosophie in der Unerkennbarkeit der absoluten Wahrheit als Bedingung für die Freiheit der Gedanken und des Geistes zu sehen. Zwar müsse der Idealismus an der Annahme einer absoluten Intelligenz in symbolischer Kenntnis festhalten aber der erste Satz einer Philosophie der Philosophie müsste sein: Die Wahrheit ist relativ.

Konstantin Gorlas
Philosoph

Kategorien
Uncategorized

VERWANDT

  • Den Stress meistern: Von der richtigen Einstellung zur mentale Kraft

    Den Stress meistern: Von der richtigen Einstellung zur mentale Kraft   Es ist nicht immer leicht, den Stress zu bewältigen. Doch durch eine positive Einstellung und mentale Kraft können...
  • Männliche sexuelle Probleme

    So verstehen Sie die männlichen sexuellen Probleme Mehrere Aspekte bestimmen das sexuelle Verlangen eines Mannes. Das Sexualhormon namens Testosteron wird hier meist zuerst genannt, spielt aber keine sehr große...
  • MÖBEL, SCHNÄPPCHEN, UNIKATE & RARES

    „Die Wiederverwendung von Ressourcen schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt“, betont Ali Nagelbach. Seit 1993 leitet er die Möbelbörse. Das Sozialunternehmen a.l.s.o. e.V. bietet seit fast...
  • Aha

    IM REICH DER BILDER

    Zum Zeitpunkt, da diese Zeilen entstehen, stehen die Zeichen nicht günstig für Orte, an denen Menschen zusammenkommen. Es ist Ende März, die Anti-Corona-Maßnahmen greifen. Konzerte und Events werden verschoben,...