MIT DER LANZE IN DEN KRIEG

Sie arbeitete als Script-Girl für den BBC, als Simultandolmetscherin reiste sie durch die halbe Welt

Sie arbeitete als Script-Girl für den BBC, als Simultandolmetscherin reiste sie durch die halbe Welt: Gise Kayser-Gantner hat in ihrem Leben immer wieder neue Themengebiete für sich entdeckt und auch ausprobiert.

„Ich war keine besonders gute Schülerin, hatte aber immer einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Entdeckte ich eine Ungerechtigkeit, habe ich mein Pferd gesattelt und bin mit der Lanze in den Krieg gezogen.“ Gise Kayser-Gantner hat oft im Leben ihr „Pferd“ gesattelt. Meist, um Neues zu entdecken. Sie arbeitete nach ihrer Buchhändlerlehre als Texterin in einer Werbeagentur, machte die Ausbildung zur Dolmetscherin, lebte ein Jahr in London, wo sie als Skriptgirl für den BBC (British Broadcasting Corporation, eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt) arbeitete.

Nach ihrer ersten Heirat lebte sie mit ihrem Mann auf einem Aussiedlerhof. Damals habe sie das Lektorat für die Merkblätter zur Gesundheitspflege übernommen. Eine anthroposophische Vereinigung, der Verein für erweitertes Heilwesen in Bad Liebenzell, gab diese Schriften heraus. Themen wie: „Seelisch-geistige Selbsthilfe im Zeitalter der Lebenskränkung“ wurden publiziert. Erste Berührungspunkte mit der Waldorfpädagogik, von denen sie heute rückblickend sagt: „Plötzlich merkte ich, Mensch, das ist doch eigentlich das, was Du schon immer gedacht hast.“ In der Anthroposophie fühlte sich Gise Kayser-Gantner zu Hause. Die Zeitung „Mensch und Kleidung“ kam hinzu und durch ihre Arbeit tauchte sie immer weiter in die Weltanschauung Rudolf Steiners ein und ist bis heute davon überzeugt. Obwohl sie klarstellt: „Allerdings gehöre ich nicht zu der Lilafraktion, die allem etwas über- stülpen muss.“

Mit ihrem zweiten Mann, Johannes Gantner, zog sie 1983 nach Schwäbisch Gmünd. So wirkte sie auch bei der Grün- dung der Gmünder Waldorfschule mit. Waldorfschulen gibt es nur dort, wo Eltern die Initiative ergreifen und in gemeinsamer unternehmerischer Tätigkeit den Aufbau einer Schule voranbringen. Was 1984 in der Stauferschule mit ein paar Baracken, in denen die Schüler unterrichtet wurden, auf dem Parkplatz begann, mündete im Großprojekt „Strümpfelbach“. Gise Kayser-Gantner wurde in den damaligen Vorstand gewählt. Während der Sommerferien wurde der erste Raum geschaffen, die ersten Pavillons entstanden. 1996 übernahm sie die Geschäftsführung so- wie die Presse-und Öffentlichkeitsarbeit der Geschäftsstelle der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen in Baden-Württemberg. Ansässig in Stuttgart versammelte dieser Verein zu dieser Zeit 47 Schulen. „Meine Aufgabe bestand darin, die Waldorfschulen zum Normalfall im Landtag zu machen“, so Gise Kayser-Gantner. Und wieder sattelte die damals 51-Jährige ihr Pferd und zog los, um gegen die Vorurteile zu kämpfen. Die Öffentlichkeitsarbeit habe ihr Freude bereitet. Sie initiierte ein Programm, dass den Mitarbeitern des Bereiches Öffentlichkeitsarbeit der Waldorfschulen mehr Professionalität verschaffen sollte.

Damals hieß es im Landtag: „Die Waldorf- schule soll pro Schüler 70 Prozent des finanziellen Aufwandes eines staatlichen Schülers erhalten“, erzählt sie. Man habe eine Kommission gebildet in der die Vertreter der freien Schulen und vier Abgeordnete und der damalige Ministerpräsident gemeinsam erarbeitet haben, was denn überhaupt ein staatlicher Schüler kostet. Mittlerweile liegen die aktuellen Zuschüsse für alle Schularten in einer verfassungs- rechtlich zulässigen Höhe. Davor sei man durch ein Bezuschussungssystems im Landtag ziemlich abhängig von der Gnade der Abgeordneten gewesen.

Heute schreibt Gise Kayser-Gantner als freie Autorin für die Gmünder Tagespost, ist Mitglied im Gmünder Autorenkreis und lebt in Rechberghausen. Als Journalistin habe sie immer davon geträumt einen Roman zu schreiben, aber ihr sei stets ihr Leben dazwischen gekommen. Diesen Traum hat sie sich nun erfüllt, nach einem Kurs in der Schweiz schrieb und veröffentlich- te sie ihr erstes Buch: „Das wird das Jahr Deines Lebens“, erschienen im Einhornverlag. Der Roman erzählt die Geschichte von Inga die ihr Herz unter Verschluss hält, wenn es um Männer und die Liebe geht. Doch dann tritt der Künstler Miro in ihr Leben und sprengt die Mauer, die sie um sich aufgebaut hat und weckt ihre Leidenschaft und Sinnlichkeit. Obwohl er seine Liebe beteuert, will er von anderen Frauen nicht lassen. Sie beschließt, sich nur noch für seine Skulpturen einzusetzen, die sie genial inszeniert. Dabei entdeckt sie ihr Talent, Kunstausstellungen zu arrangieren. Mit ihren Freunden, den Pariser Kunstmäzenen Minou und Jean-Pierre, realisiert sie bahnbrechende Projekte. Ingas Leben nimmt eine ungeahnte Wendung, als sich ihre Beziehung zu Jean-Pierre verändert. Inga reist nach Paris, Sylt, Südfrankreich, auf die Kanaren nach Oslo und New York und erlebt die aufregen- de Welt der Kunst. Dem Leser offenbaren sich Höhen und Tiefen menschlicher Gefühle, voller Leidenschaft, Erotik, Intrigen, Freundschaft und Liebe.

Text: Susanne Rötter / Fotos: Volker Adler

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Kultur

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