DESIGNERMARKEN IM SHOPPINGPARADIES

Kommt das Dinkelsbühler Outlet?

Dinkelsbühl putzt sich heraus. Vom „Focus“ zur schönsten deutschen Altstadt gekürt, entstanden in den vergangenen zwölf Jahren zwei Theater, ein Museum, die historische Stadtmühle wurde zum Quartier der weltberühmten Dinkelsbühler Knabenkapelle, die Bauhofscheune beheimatet jetzt den Fundus der „Kinderzeche“, neue Boutique-Hotels entstanden, die Gastronomie investiert und die Stadtwerke bauen eine neue Wellness-Oase. In der Ellwanger Straße werden 50 Millionen Euro in ein Kinocenter, Schulungszentren und ein Hotel investiert. Wie der Einzelhandel ein Hotspot der ganzen Region wird, erzählt der Rechtsanwalt und CSU-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat, Klaus Huber im Interview.

Viele Geschäfte in Dinkelsbühl stehen leer, sie alle spüren die harte Konkurrenz aus dem Internet. Gibt es ein Überleben für den Einzelhandel?

Keine Sorge, Dinkelsbühl verfügt über einen hervorragenden Einzelhandel, der Kunden aus nah und fern anzieht. Nahezu ein Drittel der Kunden kommt aus dem Ostalbkreis und aus Hohenlohe, wir stehen deutlich besser da als viele andere Städte unserer Größe. Aber wir dürfen den Strukturwandel nicht verschlafen. Der Einzelhandel in ganz Deutschland spürt die Konkurrenz aus dem Internet und tut sich schwer. Seit 1978 ergeben Gutachten zur Stadtentwicklung eine Stärkung der Läden in der Wörnitzvorstadt, der Turmgasse, Klostergasse und Langen Gasse würde die Lebensqualität in der Altstadt erhöhen, weil man eben einen Einkaufsbummel mit Erlebnischarakter genießen und nicht nur in der Segringer Straße von Geschäft zu Geschäft laufen könne. Inzwischen stehen Flächen für 51 neue Geschäfte frei. Dies ist nicht nur ein Problem, sondern auch eine riesige Chance, die Einkaufsstadt Dinkelsbühl noch attraktiver zu machen. Das von der Aalener Imakomm Akademie GmbH gefertigte innerstädtische Entwicklungskonzept (ISEK) stellt fest, dass zur Stärkung des bestehenden Einzelhandels die Anzahl an Besuchern und Kunden weiter erhöht werden muss. So könne der jetzt existierende Einzelhandel in der Altstadt weiter gestärkt werden.

Wie will die Stadt mehr Besucher anlocken, die auch potenzielle Käufer sind?

Ein Arbeitskreis aus Stadt, örtlichen Banken, IHK, Innungsobermeister, Citymarketing, Einzelhändlern, Gastronomen und Altstadtbewohnern hat anhand des Beispiels Bad Münstereifel eine Idee geboren, die dort sehr erfolgreich war: ein innerstädtisches Outlet. Um die Machbarkeit zu überprüfen wurde die Altstadt-Outlet Dinkelsbühl GbR gegründet, ein Zusammenschluss aus Gastronomen, Hoteliers, Einzelhändlern, dem Innungsobermeister der Metzger, drei ehemaligen Stadtratsmitgliedern finanziert von den beiden örtlichen Banken und mir als Sprecher.

Lässt sich ein solches Konzept einer anderen Stadt so einfach auf die historische Stadt Dinkelsbühl übertragen?

Nein, denn Dinkelsbühl ist einzigartig und ganz anders als Bad Münstereifel. Wir haben eine attraktive und lebendige Innenstadt – das war dort anders. Aber die Idee kann uns inspirieren. Bei dem Dinkelsbühler Outlet soll es gelingen, mit einem innovativen Einzelhandelskonzept in den derzeit leer stehenden Läden hochwertige Geschäfte mit erstklassigem Service entstehen zu lassen. Die Ausstattung der Shops im Innenraum entspricht dem Niveau, das die Marken in allen ihren normalen Läden andernorts verwirklichen. Das Angebot umfasst jedoch Produkte der Vorjahreskollektion. Reduzierungen bis zu 70 Prozent auf Designermarken sind zu erwarten. Dies gefällt manchem Dinkelsbühler nicht, weil er eine Verramschung befürchtet – gerade das wollen wir aber nicht, insbesondere keine minderwertige Qualität. Aber dem Angler muss ja auch der Fisch schmecken – und nicht der Wurm. Die Aussicht, ein Schnäppchen zu machen, motiviert derzeit einfach die Kunden – ganz egal will prall der Geldbeutel gefüllt ist. Und keiner von uns ist so versnobt, dass er lediglich die neueste Mode trägt und Vorjahresware wegwirft. Sowohl für Dinkelsbühler als auch für Gäste soll sich das Einkaufsangebot sowohl qualitativ als auch quantitativ verbessern. Viele dieser Marken sind derzeit in einem Umkreis von rund 100 Kilometer nicht erhältlich. Der Erlebnischarakter des Einkaufs soll gestärkt und damit das Leben in der Altstadt bunter und vielfältiger werden. Auch die Gastronomie profitiert in hohem Maße von mehr Kundschaft. In der Altstadt stehen derzeit mehrere Hotels und Restaurants zum Verkauf. Eine verbesserte Kundenfrequenz ermöglicht es auch, diese Häuser nicht nur zu verkaufen, sondern auch Sanierungsmaßnahmen finanziell abgesichert vornehmen zu können.

Wie sind die notwendigen baulichen Veränderungen mit dem Denkmalschutz vereinbar?

Mit dem Outlet wird die bauliche Qualität der historischen Patrizierhäuser in der Altstadt nachhaltig erhalten. Leider kursiert in den letzten Wochen manch absurdes Gerücht in der Stadt. Entgegen manchen Befürchtungen sollen weder Kellergewölbe eingerissen, noch Häuser zusammengelegt werden. Ganz im Gegenteil dürfte es durch den Einsatz zeitgemäßer Beleuchtungstechnik möglich sein, manch unhistorisches Schaufenster mit Aluminiumrahmen zurückzubauen. Unser Outlet soll das Flair der Altstadt stärken – und es nicht verstören. Wir wollen moderne Geschäfte in historischen Häusern. 

Das Designer Outlet Roermond ist mit 46.700 Quadratmetern Verkaufsfläche das größte Outlet-Zentrum Nordeuropas. Rund 5 Millionen Besucher kommen jedes Jahr. Mit wie vielen rechnen Sie in Dinkelsbühl?

(lacht) Die Prognosen, wie viele Gäste zusätzlich nach Dinkelsbühl kommen werden, erschrecken so manchen Altstadtbewohner, weil es schwierig ist sich vorzustellen, was dies in der Realität bedeutet. Manch einer befürchtet, dass es täglich so zugehen wird, wie am Kinderzech-Montag, das wird aber zum Glück nicht der Fall sein. Die ermittelten Zahlen sagen, dass sich die Anzahl der Besucher in Dinkelsbühl in etwa verdoppeln und damit rund die Hälfte dessen ausmachen würde, was Rothenburg derzeit an Gästen aufweist. Vergleicht man die Zahlen mit Bad Münstereifel, so betreten dort in Spitzenzeiten am Samstagnachmittag pro Stunde 1.000 Personen die Innenstadt, unter der Woche sind es 500. Mehr Besucher als dort sind in Dinkelsbühl auch nicht zu erwarten, eher weniger. Diese verteilen sich auf hier aber rund 4 Kilometer Laufwege, 10.000 Quadratmeter Verkaufsfläche und 700 Sitzplätze in der Gastronomie. Mit Ausnahme des Samstagnachmittags wird sich also im Stadtbild kaum eine merkliche Veränderung ergeben.

Für manchen Dinkelsbühler mag das bedrohlich erscheinen. Werden diesbezüglich viele Ängste an Sie herangetragen?

Natürlich, und das nehme ich auch sehr ernst. Dinkelsbühl soll auch weiterhin den Dinkelsbühlern gehören. Grundsätzlich werden leer stehende Immobilien nicht gekauft, sondern gemietet. Wer in Zukunft Investor sein soll, ist derzeit noch völlig offen. Aufgabe der Altstadt-Outlet GbR ist es lediglich zu prüfen, ob ein Outlet in der Dinkelsbühler Altstadt möglich wäre. Erst wenn Stadt und Stadtrat dies begrüßen, werden Gesellschaften gegründet, die dies auch organisieren. Diese sollen aus Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt und unserer Region bestehen. Die Organisatoren des Outlet in Bad Münstereifel haben hierbei gegen Honorar beraten. Sie sind ebenfalls bereit, sich bei der Organisation und dem Betrieb des Outlet fachlich einzubringen. Dies hängt allerdings davon ab, ob dies in Dinkelsbühl auch gewünscht ist.

Was treibt Sie an?

Dinkelsbühl verfügt über einen besonderen Charme und hat Potenzial für einen außergewöhnlichen Lifestyle. Wir wollen die Stadt noch lebenswerter machen, damit unsere Jugend hier bleibt und nicht in Großstädte abwandert. Aber das Ausstreben der Innenstädte ist ein überregionales Problem, das viele Städte nicht in den Griff bekommen haben. Wir wollen hier einen Beitrag leisten, um ein sich seit Jahrzehnten verschärfendes und in anderen Städten bereits bittere Realität gewordenes Problem zu lösen. Die Arbeit aller Mitglieder unserer Altstadt-Outlet GbR ist ehrenamtlich und unentgeltlich. Die bisherige Entwicklung der Idee Outlet in der Dinkelsbühl Altstadt wurde mit Unterstützung der beiden heimischen Banken finanziert. Dieses Outlet muss aber etwas ganz anderes sein als das, was man an Outlets auf der grünen Wiese kennt. Dort soll das Flair einer Innenstadt künstlich geschaffen werden – bei uns soll das Flair der schönsten deutschen Innenstadt mit einem zeitgemäßen Einkaufserlebnis verbunden werden. Nach der Überzeugung vieler Dinkelsbühler wird es mit einem Outlet gelingen, modernes Leben in historischen Mauern dauerhaft zu sichern.

 

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