Die Unruhe – in meiner Uhr und in mir

Alfred Brandner

 

Die Unruhe – in meiner Uhr und in mir

Ich habe mir eine neue Armbanduhr gekauft. Kein digitales Wunderwerk, kein smarter Alleskönner – sondern eine automatisch-mechanische Uhr. Klassisch, zeitlos, mit einem Glasboden, der den Blick freigibt auf das Herzstück des Uhrwerks. Und dort, kaum zu übersehen: ein kleines Rädchen, das unaufhörlich hin und her schwingt. Die sogenannte „Unruh“.

 

Dieses winzige Bauteil ist das pulsierende Zentrum der Uhr – es sorgt dafür, dass der Takt stimmt, dass Zeit nicht einfach verrinnt, sondern gemessen wird. Und während ich diesem ständigen Hin und Her zusehe, wird mir etwas klar: Diese Unruhe ist nicht nur mechanisch. Sie ist zutiefst menschlich.

 

Auch wir sind nie ganz still. Etwas bewegt uns immer. Mal ist es der bevorstehende Arzttermin, mal die Prüfung, die uns im Nacken sitzt. Mal ist es die Sorge um einen geliebten Menschen, mal die Vorfreude auf ein neues Projekt. Im Sport, im Alltag, im Innersten – wir sind in Bewegung. Nicht selten auch in Unruhe.

 

Doch wie bei meiner Uhr ist diese Unruhe nicht nur Störung. Sie ist Antrieb. Sie hält uns wach, lebendig, aufmerksam. Sie ist das, was uns vorantreibt, was uns fühlen lässt, was uns menschlich macht.

 

Die Unruh meiner Uhr ist ein Spiegel. Ein Sinnbild für das, was in uns allen tickt. Und vielleicht ist es gerade dieses unaufhörliche Schwingen, das uns zeigt: Solange da etwas in Bewegung ist, sind wir am Leben.

Alfred Brandner

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