WELTBÜRGER UND ANATOLISCHER SCHWABE

Cover Model Aki Ekmekci über die Freiheit in seiner Wahlheimat

WELTBÜRGER UND ANATOLISCHER SCHWABE

Cover Model Aki Ekmekci über die Freiheit in seiner Wahlheimat

Sein Opa kam als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland, wie auch sein Vater. Bleiben wollten beide nicht und doch holten sie nach dem Anwerbestopp der Gastarbeiter ihre Familien nach. Für Aki Ekmekci wurde dies der Beginn eines Daueraufenthalts. In diesem Jahr ist er 50 geworden. Geboren wurde er in der Türkei, jetzt lebt er in Schorndorf. Die türkische Staatsbürgerschaft hat er noch immer. Doch er möchte die deutsche beantragen. Vieles sei leichter im Alltag. Die Verbindungen zur alten Heimat reduzierten sich von Jahr zu Jahr. Heute behauptet er von sich: „Ich bin ein anatolischer Schwabe“.

 

Den Islam, in seiner radikalen Form, betrachtet er als nicht zeitgemäß. Über Kinderehen und Scharia schüttelt er nur den Kopf. Wie viele andere sehnt sich Ekmekci nach einer Reform. Als Alevit wurde im gelehrt, dass jeder Mensch Anteil an der heiligen Kraft hat. Jeder Mensch besitze die Eigenschaften Gottes. Der habe schließlich alle Menschen gleichwertig geschaffen. Das sei auch ein Grundsatz seiner Religion: „Betrachte alle Religionsgemeinschaften und alle Völker als gleichwertig.“ Doch die Religion ist für Aki Ekmekci nicht wichtig. Er glaubt zwar an eine Kraft, die alles verbindet, er selbst betrachtet sich jedoch nicht als religiös.

 

 

Er fühle sich als Weltbürger, der ethischen Grundsätzen folgt. Man sage schließlich auch, „er/sie ist zur Welt gekommen“. Jeder sollte selbst bestimmen können, wo er lebt und wer er ist. Seinen eigenen Weg finden in Freiheit. Entscheidend sei, die Freiheit der anderen nicht zu verletzten. Ihre Würde und Auffassung zu achten. Meinungen müsse man nicht immer teilen, aber offen und ehrlich darüber sprechen, das sollte möglich sein. In seiner alten Heimat ging dieses Recht verloren. Das bedauert er sehr.

Wenn er über Respekt und Toleranz spricht, merkt man schnell, dass es nicht nur leere Phrasen sind. Daher gesagt um zu punkten. Nachdenklich fasst er sich an seinen Bart, der in seiner Länge und Größe eher an die strenggläubigen seiner Glaubensgemeinschaft erinnert. Doch von diesem Lebenskonzept ist er weit entfernt. „Als Kind habe ich mich immer als Indianer gefühlt“, gesteht er. Er fühlte sich schon von klein auf mit der Natur verbunden. Mit der Natur und den Menschen.

 

Aki Ekmekci als kleiner Junge, der zweite von links.

Der Grund für seinen langen Bart war nicht etwa die Mode. Eine Schleimbeutelentzündung im Arm erschwerte die Rasur und so ließ er ihn wachsen. Leute sprachen ihn auf der Straße an, bewunderten ihn. Die ersten Komplimente nahm er skeptisch auf und behielt ihn dann doch, den Bart. Er avancierte zum Charaktergesicht. Die unzähligen Likes in den Sozialen Netzwerken bestätigen das jeden Tag aufs Neue. Modelagenturen wurden auf ihn aufmerksam. Ein wenig stolz ist er auf die neuerliche Anfrage für die „Men’s Health“. „Von 1000 Menschen mögen zwei meinen Bart nicht, eine davon ist meine Mutter“, sagt Ekmekci und lacht. Schon in seiner Jugendzeit habe er lange Haare gehabt. Seinen Vater habe das immer gestört. Für Aki Ekmekci waren sie ein Zeichen für geistige Freiheit. In der Antike durften vielfach nur freie Menschen lange Haare tragen. Als frei betrachtet er sich heute noch mehr als in jungen Jahren. Und aus diesem Grund schätzt er die Werte der deutschen Demokratie besonders.

Text: Sus

Bilder: Ralf Klamann

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