ERICH WILHELM HACKER – DER HERR DER MUSIKALISCHEN DINGE

ER WUCHS ZWISCHEN LOKOMOTIVEN UND HAUSMUSIK AUF. ER WAR BEI DEN FALLSCHIRMJÄGERN UND GRÜNDETE EINE BIG BAND. ER WAR DER DIREKTOR DER STIFTUNG INTERNATIONALE MUSIKSCHULAKADEMIE KULTURZENTRUM SCHLOSS KAPFENBURG.  ...
Schloss Kapfenburg 31.5.-2.6.2014

ER WUCHS ZWISCHEN LOKOMOTIVEN UND HAUSMUSIK AUF. ER WAR BEI DEN FALLSCHIRMJÄGERN UND GRÜNDETE EINE BIG BAND. ER WAR DER DIREKTOR DER STIFTUNG INTERNATIONALE MUSIKSCHULAKADEMIE KULTURZENTRUM SCHLOSS KAPFENBURG.

 

DIE GNADE DER GENE LEGTEN IM ZWEI TALENTE IN DIE WIEGE, DIE ES SELTEN IM DOPPELPACK GIBT – DIE MATHEMATIK UND DIE MUSIK. ALS SOHN EINES EISENBAHNERS WECKTEN REALE LOKOMOTIVEN SEINE „GIER“ NACH ALLEM TECHNISCHEM. DOCH DANN BESTIMMTE DIE MUSIK DAS LEBEN VON ERICH WILHELM HACKER. HEUTE IST DER MULTIINSTRUMENTALIST, MUSIKLEHRER UND BIG BAND-LEADER UND WAR DER DIREKTOR DER HOCHRENOMMIERTEN STIFTUNG INTERNATIONALE MUSIKSCHULAKADEMIE KULTURZENTRUM SCHLOSS KAPFENBURG. ER MANAGTE NICHT NUR Fortbildungen, SEMINARE UND KONZERTE IM KLASSIK-BEREICH. HACKER LÄDT AUCH ZU POP UND ROCK. ZUM BEISPIEL ZUM KONZERT VON ANASTACIA IM SOMMER.

 

 

Wenn man ihn nicht kennt, hält man ihn für einen gemütlichen Schwaben, der den lieben Gott einen guten Mann sein lässt, wenn er mit Freunden bei einem guten Essen und einem guten Wein sitzt. Das stimmt gewiss auch. Vielleicht, so könnte man weiter vermuten, verbringt er seinen Berufsalltag irgendwo im Finanzamt und macht Urlaub mit einem Wohnmobil, das an einem VW-Passat angehängt, zum Garda-See gezogen wird. So kann man sich täuschen.

 

 

Batterie von Führerscheinen

Erich W. Hacker ist ein hochprofessioneller Musiker und Manager.

Der Musiker besitzt jede Menge Führerscheine, darunter den für Omnibusse. Erich Hacker karrte mit riesigen Doppeldecker in den Achtzigern Musikfreunde quer durch Deutschland zu Konzerten. Heute fährt er hin und wieder zu wohltätigen Zwecken im Oldtimerbus

Der Musiker besitzt jede Menge Führerscheine, darunter den für Omnibusse. Erich Hacker karrte mit riesigen Doppeldecker in den Achtzigern Musikfreunde quer durch Deutschland zu Konzerten.
Heute fährt er hin und wieder zu wohltätigen Zwecken im Oldtimerbus

Er hat mit Top-Leuten aus Klassik, Rock und Pop zu tun. Und er besitzt, den Auto-, Motorrad, Lkw- und Busführerschein, den Führerschein für Sportboote Küste und Binnengewässer, macht gerade das Bodenseeschifferpatent und geht im Urlaub mit dem Schwager per Katamaran durch Wind und Wetter zum Fischfang. Die Lizenz zum Steuern von Lokomotiven stand einst auch auf Hackers Agenda: „Aber da fehlte mir dann schlicht die Zeit dazu.“ Hackers Frau befindet sich übrigens in der Ausbildung zur Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin. So viel zum Thema biederes Leben.

 

 

Bruder Steuermann  – Schwester an der See

Dieses Leben nahm seinen Beginn am 27. März 1952 in Schwäbisch Hall. Erich Hacker, der mit zweitem Vornamen nach einem im Krieg gefallenen Onkel benannt wurde, ist der Sohn des einstigen Bundesbahnhauptsekretärs Hugo Hacker und der Hausfrau Friedel Hacker. Der acht Jahre ältere Bruder Hilmar ging mit 14 zur See, erwarb das Steuermannpatent, war später Lehrer und lebt heute auf den Azoren. Die zwölf Jahre ältere Schwester Sieglinde wurde Lehrerin und lebt heute auf der der winzigen ostfriesischen Insel Spiekeroog.

 

Bruder und Schwester „legten eine Art Spur zum Lehrerberuf“ (Erich Hacker). Und die Spur zur Musik legten die Eltern. Hausmusik bestimmte zentral das Leben der Familie. Der Vater spielte Waldzither (eine Art Mandoline mit Doppel-Saiten), die Mutter Violine und Hackbrett, Bruder Hilmar Akkordeon und später Gitarre, die Schwester Sieglinde Querflöte.

 

 

Virtuos auf Saxophon und Klarinette

Mit elf durfte Sohn Erich sich ein Instrument raussuchen. „Zum Entsetzen meiner Mutter entschied ich mich für eine Klarinette, die ihr zu laut war.“ Erich hatte das Glück, von Oskar Tietzel, einem pensionierten Kapellmeister der Bundeswehr unterrichtet zu werden, der nicht nur Klarinette lehrte, „sondern im Grunde alle Instrumente.“ Eine breite musiktechnische Basis wurde so geschaffen. Gegen das Klavier, das im Bahnhofsgebäude von Gaildorf stand, wo der Vater der Bahnhofsvorsteher war, stemmte sich der junge Erich vehement. Klavier interessierte ihn einfach nicht. Er weiß sicherlich, wie’s geht. Virtuos ist er auf alle Fälle auf „allen Saxophonen und der Klarinette“. Und Shanties (Seemannslieder) spielt er auch ab und zu gerne – auf dem Akkordeon.

 

 

Lokomotiven und Handys

Dafür sah man ihn nun in einem ersten Ensemble – als Klarinettist in der Jugendkapelle der Stadtkapelle Murrhardt.

Mit dem Zug fuhr Erich Hacker täglich in die Realschule nach Schwäbisch Hall. Nach der Mittleren Reife ging es weiter per Zug – ins Staufergymnasium in Waiblingen, denn dort gab es einen Musikzug.

Die Welt der Lokomotiven, der Eisenbahn, hatte ihn schon Jahre zuvor völlig fasziniert. „Das war mein Hobby. Ich stand als Bub vor den riesigen Rädern von Dampflokomotiven, die viermal größer waren als ich. Manchmal haben mich die Lokführer zum Rangieren in ihren Führerstand gelassen, wo das große Feuer loderte. Im Fahrdienst durfte ich helfen Weichen zu stellen oder das Signal auf „Fahrt“. So was kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.“ Aber damals „erwachte meine technische Gier, meine ausgeprägtes Interesse für alles Technische. Deshalb habe ich heute auch immer das neuste technische Equipment, sei es bei Handys, sei es bei PCs.“

 

 

Mit dem Doppeldeckerbus

Ja und genau deshalb besitzt Erich Wilhelm Hacker all die aufgeführten Führerscheine. Und deshalb kutschierte er später als Musikschulleiter in Waldstetten zwischen 1980 und 1990 Musikfreunde mit dem Doppeldeckerbus zu Konzerten nach Wien oder Hamburg oder auch nach Verona. „Daran erinnern sich heute noch viele mit großer Freude, und ich werde immer wieder darauf angesprochen.“

Die Gnade der Gene ließ Erich Hacker nach dem Abitur (1970) für das Studium an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd die seltene Fächer-Kombination Mathematik und Musik wählen. Während des Studiums gründete er die PH-Bigband. „Fünfzehn Jahre lang habe ich das gemacht, war mit der Band der musikalische Botschafter der Hochschule und der Stadt Schwäbisch Gmünd. Zudem war ich auch Lehrbeauftragter für Bigband und Klarinette.“

 

Als Multi-Pädagoge unterwegs

Zudem organisierte er noch den Musikzug der Adalbert-Stifter-Realschule in Schwäbisch Gmünd, seine erste Dienststelle. Die ASR hatte einen Modellzug für Musik, der das Profil dieser Realschule ausmachte. Doch es sollte nicht sein, dass der Musiklehrer Erich Wilhelm Hacker seinen Dienst bis zur Pension ableistete. Eigentlich war das schon am ersten Unterrichtstag nach dem Studium klar: „Das war einfach nicht mein Ding.“

Erich Hacker wollte damals und will es heute immer noch: „Weiter gehen, neugierig bleiben, Neues ausprobieren, mal gucken, was noch geht.“ So war er in den Siebzigern Musiklehrer, Lehrbeauftragter, PH-Bigband-Leiter und (seit 1978) Dirigent des Musikvereins Waldstetten. Und dann kam schließlich die Anregung aus Musikerkreisen, eine Musikschule zu gründen. Und wer sollte das organisieren – der Erich Hacker natürlich.

Schloss Kapfenburg 31.5.-2.6.2014

 

Macher und Manager

Nach 13 Jahren verabschiedete sich Erich Hacker 1990 vom Dasein als Realschullehrer und leitete fortan (bis 1998) die Musikschule Waldstetten. In jenen Jahren sanierte er (nebenher!) noch die Musikschule Gerstetten, die als erste ihrer Art vor der Schließung stand. Hier zeigte sich deutlich, dass Hacker nicht nur musikalisches Talent hatte, sondern auch das geborene Organisationstalent ist, ein echter Macher und Manager. Das erklärt auch seine ,Multifunktionskarriere’ bis auf den heutigen Tag.

Hacker wurde in den Neunzigern auch zum Regionalvorsitzenden der Musikschulen Ost-Württemberg (14 Musikschulen) gewählt. Das lag sicher auch daran, dass er es in Waldstetten geschafft hatte, dass 750 Schüler die Musikschule der 7500-Seelen-Gemeinde besuchten. Ach ja, noch etwas: In den Neunzigern absolvierte er auch mit Bravour ein achtsemestriges berufsbegleitendes Magister-Studium im Fach Kulturmanagement an der PH Ludwigsburg. Prüfung war 1996.

Zwei Jahre danach hat der Vollblut-Musikpädagoge zum zweiten Mal geheiratet. Aus erster Ehe stammen ein Sohn (33, Berufsschullehrer) und eine Tochter (35, Managerin des Landesjugendorchesters BW). Die heutige Ehefrau Gislinde (48) ist auf Schloss Kapfenburg in den Bereichen Fortbildung und Finanzen tätig. Sie studiert derzeit in der Endphase berufsbegleitend und ist therapeutisch tätig.

 

 

Herr auf Schloss Kapfenburg

Apropos Kapfenburg. Gerade, als Erich Hacker wieder mal der Ansicht war, dass da „noch was kommen“ müsse, wurde ein Direktor gesucht – für die Stiftung Internationale Musikschulakademie Kulturzentrum Schloss Kapfenburg gesucht. Gegründet wurde die Internationale Musikschulakademie vom Landesverband der Musikschulen Baden-Württemberg e.V. und dem Förderverein Internationales Musik- und Kulturzentrum Schloss Kapfenburg e.V. Sie erhielten und erhalten dabei wertvolle Unterstützung durch das Land Baden-Württemberg, dem Ostalbkreis, der Kreissparkasse Ostalb und die Stadt Lauchheim.

Seit 1998 ist Erich der ,Schlossherr’ auf der Kapfenburg.

Das einstige Hochschloss der Deutschordensherren liegt im Ostalbkreis auf einer Bergnase des Albtraufs, 130 m über der Stadt Lauchheim. Der Name „Kapfenburg“ leitet sich vom mittelalterlichen Begriff „kapfen“ („gaffen“, „ins Land schauen“) ab. Zu gaffen gibt es in dem schmucken, vollständig renovierten Schloss das ganze Jahr über genug.

 

 

Musiker aus der ganzen Welt

Musiker aus der ganzen Welt proben seitdem in den stilvollen Schlossräumen, aber auch als Fortbildungs-, Tagungs- und Kulturzentrum steht das Schloss Gästen offen. Mit dem Zentrum für Musik, Gesundheit und Prävention (ZMGP) setzt sich die Stiftung in deutschlandweit einmaliger Weise für Musikergesundheit ein, die klassische Konzertreihe Accelerando und das Festival im Sommer haben Schloss Kapfenburg weit über die Grenzen Ostwürttembergs hinaus als Veranstaltungsort bekannt gemacht.

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Als Regionalgeschäftsstelle „Jugend musiziert“ organisiert die Stiftung zudem den Wettbewerb in Ostwürttemberg, die hauseigene Musikagentur vermittelt Preisträger des Wettbewerbs und professionelle Musiker zu privaten und öffentlichen Anlässen. Alle Gäste werden vom Schlossrestaurant Fermata mit einer kreativen, regionalen Küche verwöhnt.

 

 

Europaweit einzigartig

Die Internationale Musikschulakademie ist eine europaweit einzigartige Einrichtung. Durch die enge Zusammenarbeit mit Partnern aus Wirtschaft, Kultur und Bildung ist ein Netzwerk entstanden, das Raum für zukunftsweisende Projekte und produktiven Wissensaustausch schafft. Vor allem durch die Kooperation mit den Musikschulen wurde so eine Basis für die nachhaltige Integration von Musik in die Gesellschaft geschaffen.

 

Im Guiness-Buch der Rekorde

Die allererste Eröffnungsperformance „in situ“ für das Sommerfestival mit Musik inmitten einer Lichter-Performance fand im Juli 2000 statt und brachte Schloss Kapfenburg einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde: für „in situ 1 – Schloss Kapfenburg besaitet“ wurde das Schloss in das größte Saiteninstrument der Welt verwandelt. 80 junge Musiker spielten damals auf der Installation, die durch den Dachboden gespannt war, aus den Fenstern hinaus und über den Schlosshof. Der Grundstein zu der erfolgreichen sechzehnjährigen Festivalgeschichte war gelegt, Auftritte von BAP und Haindling, Revolverheld, Sarah Connor und Mike & The Mechanics verhalfen den Open Air-Konzerten zum Kultstatus.

Das liegt nicht nur an der Auswahl der Künstler und der historischen Kulisse, vor allem die intime Atmosphäre macht das Festival zu etwas ganz Besonderem. Maximal 2500 Gäste dürfen auf das Gelände, es braucht keine überdimensionalen LED-Bildschirme, die Künstler sind zum Greifen nah. Diesen Wohnzimmercharakter wissen auch die Musiker zu schätzen. Nicht wenige sind „Mehrfachtäter“ und kommen immer wieder gerne, wenn Akademiedirektor Erich W. Hacker sie zum Konzert bittet.

 

 

Supertramp und Anastacia

So ist Hubert von Goisern am 29. Juli 2015 bereits zum dritten Mal zu Gast. Neben einigen seiner größten Erfolge hat der Österreicher dann sein neues Album „Federn“ im Gepäck, das im Anschluss an seine letzte Reise durch den Süden der USA entstand. Der ehemalige Supertramp-Frontmann Roger Hodgson hat ebenfalls sofort zugesagt, als man ihn bat, erneut auf Schloss Kapfenburg zu spielen (31. Juli). Einen Tag später gibt es beim Konzert von Laith Al-Deen erstklassige deutsche Popmusik.

Und am Donnerstag, 30. Juli, wird Weltstar Anastacia („I’m Outta Love“) auf ihrer Resurrection-Tour auf der Kapfenburg Station machen.

Klassik, Pop, Rock, kleine Konzerte, große Openair-Veranstaltungen, Förderung des Nachwuchses, Gesundheit von Musikern „Musiker sind einer enormen körperlichen Belastung ausgesetzt“), Restaurant (Fermata), Etat-Verwaltung („Wir finanzieren uns zu 75 Prozent selbst“), 40.000 Besucher im Jahr auf der Kapfenburg – das ist irre viel Arbeit.

 

 

Ewig emsig, ewig umtriebig

Erich Wilhelm Hacker sitzt manchmal vor der Fahrt auf die Kapfenburg frühmorgens bei einer Tasse Kaffe in der Bäckerei Stemke in der Schmiedgasse in Schwäbisch Gmünd. Er grüßt mit einem Lächeln die Leute, die ihn kennen – und macht einen rundum zufriedenen Eindruck. Keine Spur von Stress. „Ja, das war und ist viel Arbeit. Aber auf der Kapfenburg lief von Anfang an alles super durch die Zuwendung von Politik, etwa dem Landrat Klaus Pavel und der regionalen Wirtschaft. Dafür bin ich sehr, wirklich sehr dankbar. Und meinen Mitarbeitern. Ich habe gute Leute, ohne diese wäre das alles nicht zu stemmen.“

Und es gilt auch: „In meinem jetzigen Job brauche ich alles, was ich

Jung, schlank, Einsatzbereit: Erich Hacker vor vielen Jahren bei der Bundeswehr.

jemals gelernt habe.“ In Mathematik, in Musik, an Lebenserfahrung. Übrigens: Erich Hacker hat auch bei der Bundeswehr gelernt: Er war bei den legendären Fallschirmjägern in Calw. Danach spielte er Klarinette im Heeresmusikkorps 9 in Bad-Cannstatt.

 

Für die Zukunft gilt:

 Mal sehen, was man noch bewegen kann.Der alte Spruch aus dem Schatzkästlein der Volksweisheiten ist für Erich Hacker ganz offensichtlich das Lebenscredo: „Wer rastet, der rostet.“ Ewig emsig, ewig umtriebig.

H. Bredl

 

 

 

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