Früher war alles besser, sogar die Zukunft. – Der bekannte Satz veralbert jene, die die Vergangenheit verklären. Es geht hier nicht um die politisch „Ewiggestrigen“. Es geht um Hinz und Kunz, die in der Regel den Zeitgeist ihrer Jugend für das Maß aller guten Dinge halten, weil für sie „damals“ die Welt angeblich völlig klar war. Ihnen war damals völlig klar, dass sie die Welt erobern würden. Ziemlich blöd, wenn es dann auf einen zutrifft, was Udo Lindenberg damals (70er Jahre) sang: „Selbst der Cowboy wurde nur Manager bei der Müllabfuhr.“
Es gibt halt einen Unterschied zwischen echter Verklärung und echtem Vergleichen. Und immer kommt es natürlich auf das eigene Erleben an. „Früher hatte man noch Respekt vor dem Lehrer.“ Ein echter Verklärungssatz. Ich erinnere mich noch an einen Schulrektor, der so hieß, wie er war – Adolf. „Wenn wir den Krieg gewonnen hätten, wär ich Gauleiter in Minsk geworden.“ Ich lachte, weil ich an die Sänger des Silcher-Gaus dachte. Und bekam eine zentriert, dass ich vom Stuhl kippte.
Mein Sohn leidet dafür heute an lebensfernen Gutmenschen-Lehrerinnen, die den Freund (Neuntklässler) zum Antiaggressionstraining schicken, weil der einen frechen Fünftklässler geschubst hat.
13 Monate für einen VW-Käfer
Früher war alles billiger. – Ein VW-Käfer kostete in den 50ern etwa 4.400 Mark, bei einem Durchschnittsstundenlohn von 1,78 Mark. Das macht 13 Monate Arbeit – bei einer 48-Stunden-Woche -, um sich einen Käfer zu erarbeiten. Bei 19,33 Euro Stundenlohn (2012) bekommt man einen Golf nach sieben Monaten.
Früher mussten die Leute noch miteinander reden, es gab nicht diese Handys. – Ich erinnere mich, wie ich schon als Kind entsetzt war, wie sich Ehepaare anschwiegen. Und heute? Selbst Ehepaare in vorgerücktem Alter stieren in der Autobahn-Raststätte auf ihr Smartphone. Nichts reden und beim Essen muss man sowieso den Mund halten.
Früher früher gebetet
Ja, früher gab’s noch keine Mobiltelefone. Und nicht in jedem Haus ein Telefon. Das war doch prima: Der Notarzt brauchte einfach länger. Deshalb wurde vermutlich auch früher gebetet – für den Verstorbenen. Und wenn es ein Telefon im Haus gab, dann nur ein einziges, und das unter Dauerbeobachtung der Eltern. Wenn man dann sich zur Telefonzelle schlich, um mit der Freundin zu telefonieren, war die entweder kaputt, man hatte nicht genügend Münzgeld – oder die Mutter der Freundin nahm ab. Das war’s dann.
Früher (bis 1958) brauchten die Frauen die Erlaubnis ihres Mann oder ihres Vaters, wenn sie den Führerschein machen wollten. Oder wenn sie einen Beruf ergreifen wollte. Der Mann konnte auch das Arbeitsverhältnis seiner Frau kündigen, wenn ihm danach war.
Mehr Hunger und Armut
Früher machten meist nur Oberschichtenkinder das Abitur. Früher gab es viel mehr Hunger und Atomwaffen. Noch 1980 lebte die Hälfte der Menschheit in absoluter Armut. Heute sind es noch 17 Prozent.
Zwei Dinge waren früher aber garantiert besser: Ich sah noch nicht so aus, wie ich später niemals aussehen wollte. Und der Schweinebraten meiner Mutter war besser als alle Schweinebraten danach. Dafür verzieh ich ihr einst auch, dass sie immer von früher erzählte, da so manches besser gewesen sei. Mein Urgroßvater soll übrigens auch dieser Ansicht gewesen sein. Von ihm ist überliefert: „Wenn Frauen Hosen anziehen, dann steht die Welt nicht mehr lange.“