PORSCHE TURBO S CABRIO – FRISCHLUFT-RAKETE

SIGHTSEEING IN DER CITY IM GEMÄCHLICHEN GOLF-MODUS. AUF DER AUTOBAHN EINE BESCHLEUNIGUNG WIE MIT RAKETENANTRIEB. BEIDES MACHT DAS 530 PS-STARKE 911er TURBO S CABRIOLET VON PORSCHE AUS.

 – GFM-TESTTEAM (BREDL/KOUROUMALOS) + THOMAS ZEHNDER (FOTOS) –

 

 

IMG_7657Mythos bedeutete ursprünglich im Altgriechischen eine „sagenhafte Geschichte.“ Nein, das ist jetzt nicht als Seitenhieb auf die sagenhaften Versprechungen des heutigen Griechenlands gemeint. Mythos bedeutet nämlich auch, dass Personen oder Dinge einen „hohen symbolischen Wert“ besitzen.

Harley Davidson und Porsche sind Mythen der Fahrzeuggeschichte. Doch der Unterschied besteht nicht nur in der Anzahl der Räder. Harley steht weltweit für den American Dream Of Freedom. Letztlich ist es ein Motorrad mit (bewusster) Uraltechnik, das nur deshalb überlebt hat, weil es Porsche-Ingenieure mit Anfang der Achtziger vor dem Untergang gerettet haben.

Der Maßstab schlechthin

Porsche 911 SchaltungPorsche steht weltweit für den Sportwagen schlechthin. Ein Klassiker in Sachen Design (911er, alle anderen Baureihen sind daran orientiert). Porsche ist der Maßstab schlechthin für das technisch Machbare bei Super-Sportlern auf vier Rädern. Das Porsche Zentrum Schwäbisch Gmünd  stellte uns ein 2011 gebautes 911er Turbo S Cabriolet für unsere Rubrik FASZINATION FAHRZEUG zur Verfügung. In der geht es nur am Rande um Fakten, wir sind schließlich keine Ingenieure; es geht vor allem um Emotionen.

Wir hatten uns in das Cabrio schon vor vier Jahren am Tag der Auslieferung verliebt und erste Privat-Fotos gemacht. Außen schwarzer Lack und innen schwarzes Leder findet man überall. Aber die Kombination von weißbeige in der Außenlackierung (auch bei den Felgen) und dem gleichen Farbton auf Sitzflächen und Rückenlehne in Verbindung mit dem Karamellbeige der Sitzwangen und des restlichen Leder-Interieurs – das war wirklich einmalig.

 

 

 

 

Preis der Individualität

Die Kundin aus dem Remstal hatte sich ihr schmuckes Einzelstück von Porsche Exclusive gestalten und Porsche 911 Felgeeiniges kosten lassen. 212.737.10 €. Der Grundpreis des Turbo S betrug damals 175.413 Euro. Allein die Nähte der Vorder- und Rücksitze mit einem individuellen Faden schlugen mit 833 Euro zu Buche, der Leder-Innenspiegel mit 464,10 €, die Abdeckungen Lautsprecher an Türen und im Fond kosteten 1.773,10 Euro. Individualität hat eben ihren Preis. Ein Vergleich: Wer heute bei einem VW Touareg North Sails, Baujahr 2009, nur das Sitz- und Rückenleder von VW Individual erneuern lässt, muss dafür 3.400 Euro hinlegen. Wir reden nur von einem Sitz! Kopfstütze extra!

Die Porsche-Fahrerin legte nicht nur Wert auf ein exklusives Interieur – sondern auf echte Hardcore-Sportlichkeit: das Turbo-Cabrio hat keine Parksensoren! Es darf vermutet werden, dass man hier der Meinung war: Schon mein allererstes Auto brauchte so was nicht…

Krone der 911er-Reihe

 

Der Turbo von Porsche gilt allgemein als die 911er-Krone. Zum ersten Mal tauchte er 1975  (als Typ 930) auf – mit damals sensationellen 260 PS. Der Turbo S mit 530 PS wurde in den Jahren 2010 und 2011 gebaut. Die Vergleiche mit dem aktuellen Turbo (ab 2013) sind eher akademischer Natur. Noch einmal 30 PS draufgepackt, noch einmal in Länge und Breite etwas zugelegt. Noch einen ausgetüftelteren Spoiler (vorne!)

Das 2011er 911er Cabrio, das wir fuhren, beschert jedem und jeder, die hinter dem Steuer Platz nehmen, ein Fahrerlebnis der besonderen Art. Das beginnt beim hohen Aufmerksamkeitsfaktor für dieses Fahrzeug. Leider ist in unserem Land – im Gegensatz etwa zu Italien oder (Süd-)Frankreich, von den USA ganz zu schweigen – häufig auch der Neidfaktor damit verbunden. Was oft zur absurden Situation führt, dass Sportwagen-Fahrer ihr Fahrzeug regelrecht ,verstecken’ (vor den Kunden, Nachbarn). Andererseits ist es so, dass der unverklemmte Auftritt in einer Innenstadt oft zu lockeren Gesprächen mit interessierten Passanten führt. Natürlich ist es nicht jedermanns Sache, am Parkplatz und der Tankstelle auf das Auto angesprochen zu werden.

 

Motorraum Porsche 911

Bestechendes Fahrerlebnis

 

Porsche 911 LenkradDas Turbo-Cabrio erzeugt eben besonders bei offenem Verdeck, das den Blick auf das besondere Leder-Interieur (s. oben) freigibt, und den mächtigen Heckspoiler neugierige Blicke. – Das besondere Fahrerlebnis entsteht aber natürlich nicht durch diesen eher banalen Effekt. Bestechend sind Fahrwerk  und Fahrleistung (s. Technik-Infos).

Hier spürt man jede Bodenwelle. Dafür wird man supersicher (Querdynamik)  wie ferngesteuert durch jede Kurve gezogen. So muss sich ein Sportwagen anfühlen. Das Sensationelle aber ist der Spurt. Der Porsche Turbo S verschafft einen brachialen Schub, eine Art Raketen-Ritt. Gaspedal durchgedrückt, ein Schlag ins Kreuz, wenn man in den Sitz gedrückt wird – und man wird nach vorne geschossen. Im Gegensatz zum Ur-Turbo mit dem berühmten ,Turboloch’, nach dem urplötzlich der Wagen nach vorne schoss, gibt es heute ein vollständig konstante Beschleunigungsentfaltung. Der konstante Ladedruck und der damit nicht unterbrochene Kraftschluss im Gangwechsel machen das möglich.

 

Weiter, weiter, weiter

So schießt man nach vorne, der Schub lässt nicht nach. Tempo 200 in unter 8 Sekunden. Zur Messung gibt es übrigens optional eine Performance-Anzeige und eine digitale und analoge Stoppuhr). Und es geht weiter, weiter … Dazu kommt beim offenen Verdeck ,unverdeckt’ vom Heck ein wahres Sound-Gewitter. So was nennt man ungezügelte Kraft.
Natürlich reden wir hier nur von einem kurzen Geschwindigkeitsrausch. Nicht wenige Porsche Turbo-Fahrer nutzen nie diese gewaltige Leistungsentfaltung. Aber man kann, wenn man will. Darum geht es.

Die Faszination eines solchen Fahrzeugs ist nicht vermittelbar jenen Zeitgenossen, die am liebsten ihren Rasenmäher mit Windkraft betreiben würden, aber keine Hochvolt-Leitung von der Nordsee ins Schwabenland vor ihrem Einfamilienhaus wollen. Aber um jene geht es hier nicht.

 
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