KAISERSCHNITT ALS MUTTERWUNSCH?

EIN DRITTEL DER GEBURTEN PER SECTIO CAESAREA

 

Das Wort „Kaiserschnitt“ beziehungsweise „Schnittentbindung“ leitet sich vom lateinischen Begriff „Sectio caesarea“ ab. Sectio bedeutet „Schnitt“, caesarea „kaiserlich“. Der berühmte (Gaius Julius) Caesar, aus dessen Namen unser Wort „Kaiser“ entstand, soll laut dem römischen Autor Plinius angeblich aus dem Mutterleib geschnitten worden sein. Das kann nicht stimmen, denn diese Operation hätte damals keine Frau überlebt, und Caesar erlebte seine Mutter. Es gab aber bereits in der römischen Gründerzeit (8. und 7. Jahrhundert vor Christus) ein Gesetz, das besagte, einer sterbenden Schwangeren beziehungsweise einer schwangeren Frau unmittelbar nach deren Tode das Kind aus dem Leib zu schneiden. Im 13. Jahrhundert lässt sich diese Verpflichtung in England nachweisen. Im Mittelalter wurde der Kaiserschnitt auch Teil der (erfundenen) Lebensläufe von Helden und Heiligen. Der Heilige Raimund Nonnatus wurde zum Schutzpatron der Schwangeren, Ammen und Kinder. Nonnatus kommt von non natus, nicht geboren (da durch Kaiserschnitt zur Welt gekommen).

Shakespeare lässt seinen düsteren Mörderkönig Macbeth schlussendlich durch einen Recken fallen, der „vor der Zeit“ dem Mutterleib entnommen wurde. In „Robin Hood“ mit Kevin Costner darf ihm Morgan Freeman die Fortschrittlichkeit morgenländischer Medizin am Beispiel der Schnittentbindung erklären – was aber auch im Orient der damaligen Zeit niemand überlebt haben dürfte.

 

 

Relativ unkompliziert

Die Sectio caesarea, der Kaiserschnitt, gilt heute als relativ kurze und unkomplizierte Operationsmethode, bei der der Fötus aus der Gebärmutter der Frau entnommen wird. Die Mutter wird spinal betäubt (Unterkörper). Dicht über dem Schamhaar wird ein Schnitt über den Unterbauch vorgenommen, manchmal wird auch ein horizontaler Schnitt ab dem Bauchnabel durchgeführt.

Es war lange Zeit weltweit üblich, den Kaiserschnitt nur dann vorzunehmen, wenn Leib und Leben von Mutter oder Kind oder gleichzeitig von beiden bedroht war, etwa wenn das Kind sich nicht mit dem Kopf zum Geburtskanal drehte oder wenn ein so genannter Geburtsstillstand eintrat. Heute kommt in Deutschland schon jedes dritte Kind durch Kaiserschnitt zur Welt statt auf normale Weise durch den Geburtskanal. Rund zwei Prozent der Eingriffe sind medizinisch überhaupt nicht notwendig (indiziert). Man spricht dann vom „Wunschkaiserschnitt“, weil die Mutter das wünscht.

 

 

Regionale Unterschiede

Interessant ist, dass es in Deutschland große regionale Unterschiede gibt bei derselben Operationsart. So werden in manchen Gegenden wesentlich mehr Kindern die Mandeln herausgenommen als wo anders. So wie es in der Umgebung von Großstädten deutlich mehr Psychiater gibt als auf dem Land. Beides ist medizinisch nicht erklärbar.

Ebenso wenig wie Operationen an der Bandscheibe – oder bei Kaiserschnitten. In einer Region erfolgen 17 Prozent der Geburten via Kaiserschnitt, in der anderen über 50 Prozent!

 

 

Geht es nur ums Geld?

Kritiker vermuten, dass es bei all diesen Phänomen nur um eines geht – ums Geld. Ein Kaiserschnitt bringt dem Krankenhaus Geld – wesentlich mehr als eine Geburt via Vagina. Die Folge ist, so wird vermutet, dass geradezu nach kleinsten Indikatoren gesucht wird, um einer Schwangeren den Kaiserschnitt zu empfehlen. Dabei ist nur einer von zehn dieser Eingriffe medizinisch notwendig. Es gibt noch andere Kritik: Die Frauen seien „too posh to push“ (sich zu fein zum Pressen), also schlicht zu bequem. Das wäre auch eine Form moderner Dekadenz. Übrigens: Brasilien ist mit 55 Prozent aller Geburten via Kaiserschnitt weltweit Spitzenreiter.