Fotograf Jens Schamberger

HIGH-TECH-HOTSYNC-BLITZLICHTFOTOGRAFIE

Von D.-C. & H. Bredl

ER WAR DOORMAN IM KEMPINSKI IN ST. MORITZ. NACH DEN ABGRÜNDEN EINER ,SURREALEN WELT’ WURDE ER TECHNISCHER 3D-ZEICHNER. AUF DER GANZEN WELT SCHULTE ER LEUTE IN SOFTWARE-PROGRAMMIERUNG UND DER BEDIENUNG DER VON IHM DESIGNTEN MASCHINEN. HEUTE BEFASST ER SICH IN SEINER HEIMAT SCHWABEN MIT DER HIGH-TECH-HOTSYNC-BLITZLICHTFOTOGRAFIE.

Jens Schamberger lebt wie so viele Fotografen in zwei Welten. Hier das sichere Fotografenbrot – Hochzeiten, Porträts, Industrie-Fotografie. Dort eine Art künstlerisch-experimentelles Feld: Hotsync-Fotografie, auch Supersync genannt. Vereinfacht und für den Laien verständlicher gesagt: Durch das Synchronisieren mehrerer Blitze wird der Fotograf vom Restlicht (Tageslicht) unabhängig. Der Blitz bestimmt das Licht des Bildes. Schamberger: „Ich führ das Licht.“

Das Tageslicht durch Blitzlicht zu ersetzen ist nicht Schambergers genuine Idee. „Ich hab mir das vor Jahren bei einem der Fotografen abgeschaut, die damit zu arbeiten begannen. Vor der Person ein Blitz, dahinter einer, fertig ist das „Crosslight“. Natürlich lassen sich noch mehr Blitze kombinieren.

SENSATIONELLE BILDER

Vor allem in der ,Bewegungsfotografie’ lassen sich mit der Hotsync-Technik sensationelle Bilder erzeugen. Unser Aufmacherbild des Footvollyspielers, aufgenommen am Abend vor dem Gmünder Rathaus, ist so ein Beispiel dafür. Mit nur einem Blitz (von vorne) wäre nur ein Teil des Spielers und der Umgebung optimal ausgeleuchtet aufzunehmen gewesen. Bei Dämmerung und Bewegung ganz ohne Blitz zu arbeiten, hätte ein unscharfes, unterbelichtetes Bild geliefert.

Jens Schamberger fing mit Supersync in seinem Garten in Lorch an – die Frau musste sich in Luftsprüngen üben! Heute sind seine ,Sportfotos’ nicht nur bundesweit hoch geschätzt, das Netz macht es möglich: Online Magazine berichteten, auch Foto-Printmagazine. „Picture & Dreams“ hieß die kleine, aber feine Firma, die Schamberger mit seinem Cousin 2012 gründete. Heute heißt sie schlicht „Jens Schamberger Fotografie.“

BRAUTPAAR UND RADLER

Der 1981 in Mutlangen geborene Fotograf hat seine Aufnahmetechnik auch auf Hochzeitsfotografien übertragen.

Da radelt plötzlich jemand verwegen am Brautpaar vorbei – das so in einen völlig unüblichen Kontext gesetzt wird, und das Bild erzeugt eine völlig andere Wirkung, als eines der üblichen statischen Schönster-Tag-Bilder. Oder zwischen einem Brautpaar scheint die Sonne hindurch. Das Paar bleibt bildtechnisch scharf, kein Gegenlicht – Hotsync macht’s möglich.

Jens Schamberger gibt aber auch Workshops zum Einstieg in die hohe Kunst der Fotografie oder plant Fotoreisen mit einer Gruppe, etwa zu einem See, damit dort alle das Gelernte umsetzen können. – Wer sich von Schamberger zuhause ablichten lassen möchte, zu dem kommt der Fotograf mit Equipment. Zusammen mit Mario Klaiber und Andreas Plechatsch liefert der Lorcher Fotograf auch Videoproduktionen, Event- und Industrie-Fotografie. Das Team findet sich je nach Auftrag zusammen.

EINST HANDBALLER

Natürlich hat das Leben des 35-Jährigen Fotografen Jens Schamberger ganz anders angefangen. Der Vater ist Werzeugmacher, die Mutter Arzthelferin, Bruder Patrick heute Versicherungskaufmann. Die Familie lebte in Gmünd in der Uferstraße. Jens betreibt exzessiv Sport, vor allem Handball, bevor ihn ein Autounfall aus der Bahn wirft.

Er kämpft sich jahrelang mühsam ins Leben zurück, beginnt eine Lehre als Technischer Zeichner, holt anschließend die Mittlere Reife nach. Nun folgen Jahre des mal hier, mal dort Jobbens. Zunächst in Bars, dann holt ihn ein Freund, der als Concierge im Fünf-Sterne-Nobelschuppen Kempinski im Nobeldorf St. Moritz in der Schweiz arbeitet, als Doorman in die High-Society-Absteige.

ZEIT FLIEGE ZU MACHEN

In diesem Dreivierteljahr „bin ich in eine völlig surreale Welt eingetaucht. Es war aber die beste Schule für mein Leben. Dort habe ich mit 23 Jahren Selbständigkeit gelernt.“ Schamberger weiter: „Es war witzig und interessant. Aber wenn man am 24. Dezember abends einem reichen Russen die Tür aufhält und der gibt einem 20 Euro dafür und murmelt was von ,good Job’, dann merkt man, dass es Zeit ist, eine Fliege zu machen, weil ich nicht dafür geboren wurde, um ein Leben lang jemand die Tür aufzumachen.“

Und so geschah es. Jens Schamberger ging in die IT-Branche. Er entwarf in seinem erlernten Beruf Maschinen für die Modebranche – in einem schwäbischen Unternehmen. Sein Chef wollte aber, dass er in die Schulung für PC-Software und den Vertrieb gehe. So sah man nun Jens Schamberger 6 Jahre lang durch die Welt jetten – nach Indien, nach Kanada, auf den Balkan.

ES IST SUCHT GEWORDEN

Abends nur immer im Hotel – ein Hobby musste her. Letztlich kam Jens Schamberger so zur Fotografie. Und da er kaum noch Zeit für Frau Jana und Töchterchen Kim fand – hängte er das Global-IT-Leben an den Nagel. Heute ist er immer noch Software-Schulungsleiter bei einer Firma in Albershausen.

Aber er hat Zeit für die Familie – und seine Leidenschaft zur Fotografie. „Es ist eine Sucht geworden.“ Wetten, dass der Foto den PC schlagen wird?

Wer Jens Schambergers Fotografie kennenlernen möchte, kann dies unter www.jensschamberger.de oder unter JS.Foto@gmx.de tun.

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