EIN MANN LIEBT EINE PUPPE – DIE LUST DER MEDIEN AUF ABSONDERLICHES

Er ist 44. Er war Lehrer für schwer erziehbare Jugendliche. Es kam zum Ausgebranntsein (Burnout). Die Ehe, aus der ein Sohn hervorging, scheiterte. Die Frau verließ ihn für einen...

Er ist 44. Er war Lehrer für schwer erziehbare Jugendliche. Es kam zum Ausgebranntsein (Burnout). Die Ehe, aus der ein Sohn hervorging, scheiterte. Die Frau verließ ihn für einen Marathonläufer. Mit dem Marathon des Lebens kam „Dirk“ (Pseudonym) nie zurecht. Mit den Frauen hat es sowieso nicht richtig geklappt. Heute wohnt Dirk in einer kleinen Wohnung, bezieht Wohngeld, macht ab und Übersetzungen. Einmal in der Woche wird bei Lidl eingekauft. Ab und zu auch etwas Schminke, mal ein Kleid – für „Jenny“. Dirk schiebt Jenny im Rollstuhl durch die Wohnung. Er macht sich Sorgen um ihre „Seele“. Jenny hat ein Skelett aus Aluminium und eine Haut aus Silikon. Ihre Vagina ist der Abdruck einer echten Vagina. Jenny ist eine Puppe. Ihr Katalogname war „Emilie“.

Das Magazin STERN erzählte uns dieses Rührstück der Einsamkeit in seiner Ausgabe Nr. 10 am 26. Februar dieses Jahres. Dirk, so erzählt er, wuchs in gutbürgerlichen Verhältnissen auf. Er hatte es nicht leicht. Die anderen Jungs in der Schule sahen (aus seiner Perspektive) besser aus, hatten die schöneren Mädels, waren Bringer, er (aus seiner Perspektive) irgendwie immer der Verlierer. „Viel zu früh hörte Dirk auf zu wachsen.“

 

 

Einstein, Monroe, Merkel

Er ist 1,70 Meter groß. Gehört diese Größe zum Pygmäentum?

Ist er ein Liliputaner? Albert Einstein war 1,65 Meter groß. Marylin Monroe noch klein-größer. Einstein hatte es als Genie nicht leicht. Bei Frauen war er nicht der Bringer. Marylin hatte es ganz schwer – sie konnte sich vor Männer nicht retten.

Bundeskanzler Gerhard Schröder war 1,76 Meter groß, also offensichtlich nicht weit weg von unserem Dirk. Kanzlerin Merkels Beinlänge ist sehr weit weg von den 113 Zentimetern (nur Bein!) einer GNTM-Gewinnerin (die heute wieder als Bäckerin arbeitet). Schröder und Merkel sahen und sehen nie wie wirkliche Bringer aus. Schröders Vater – toter Soldat. Schröders Mutter – Putzfrau. Burnout-Dirks Vater – ein Arzt, die Mutter Verwaltungsangestellte. Er war ihr „Muttersöhnchen“. Daraus, natürlich, kann wirklich nichts wirklich werden.

 

 

Krumme Nase

Dirk ist zugute zu halten, dass er eine „krumme Nase“ hat. Die hat mein Bruder auch. Ich glaube, deshalb war er immer so gemein zu mir. In der Schule gab’s immer welche, die größer, schöner, sportlicher, schlanker waren und die die schöneren Mädels hatten. Vermutlich habe ich heute deshalb immer noch so viele Komplexe. Auch, weil ich mit 1,78 Meter zwar dicht an Gerhard Schröder bin, aber heute keine Kohle von Gazprom auf mein Konto geschaufelt bekomme. Mein Freund, ein Professor für Kommunikation, ist 1,70 Meter groß. Ich vermute mal bösartig, dass er deshalb immer alle Frauen angegraben hat.

 

 

Niemand hat’s leicht, nichts ist so ungerecht wie das Leben.

„Das Leben sucht sich den Menschen aus und macht mit ihm, was es will.“ Das ist ein groschenphilosophischer Satz aus dem Dirk-Jenny-Artikel, der uns zu denken geben dürfte. Er bedeutet: Niemand kann was dafür, dass er schräg ist. Es geht – pflichtbewusst dem libertinären Anything-goes-Zeitgeist geschuldet – weiter: „Man muss vergessen, was als normal gilt, weil Normalität subjektiv ist, nur eine Definition aus der eigenen Perspektive.“ Das klingt vordergründig toll: Jeder darf tun, was er will. Regeln gibt es nicht, denn sie setzen ja irgendwie gesellschaftliche Normen voraus. Und wer wollte sich anmaßen, solche aufzustellen, dazu noch beim Sex?

 

 

Am Ende absolutely nothing

Anything goes bedeutet am Ende absolutely nothing. Was man bei Dirk sehr schön sehen kann. Wenn man nicht bereit ist, sich der Normalität des Lebens zu stellen (Achtung, da steckt ,Norm’) drin, zu der Abstürze und Niederlagen gehören, dann dreht man sich halt irgendwann nur noch um sich selbst. Selbstverständlich darf ein Dirk mit seiner 6000-Euro-Puppe „Soaps auf RTL“ anglotzen. Interessanterweise ist das Krumme Nase-Silikon-Paar auch irgendwann in der Normalität angekommen: Sex nur noch ein- bis zweimal die Woche. Wie es halt in Beziehungen so ist.

Die Frage ist nur, warum werden Absonderlichkeit satte 6 Seiten in einem Top-Magazin eingeräumt? Im letzten Jahr gar eine riesige Bildstrecke über Fetischisten, die im Latex-Vollkörperanzug als Pferd herumgeistern? Kommt demnächst eine Story „Warum ich Leichen liebe?

Ragna für GFM

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