Wollten Sie schon immer mal den inneren Schweinehund besiegen und so richtig mal die Sau rauslassen? Klar geht das, prima sogar. Jedes kleine Würstchen, das im realen Leben als Null durch den Alltag stolpert, kann als kleiner Feigling zum großen Troll aufsteigen und als anonymer Scharfrichter seinen Unflat über andere abkippen. In der künstlichen, in der virtuellen Welt, im Internet. Aber das ist wie bei Video-Ballerspielen. Per Klick zuhauen ist nicht richtig draufschlagen.
Der schwammige Körper bleibt schlaff. Wenn Adrenalin aber nur aufgestaut und nicht über reale Action abgebaut wird, dann droht schließlich – der Herzinfarkt.
Schlag dich fit
Dem Problem kann jetzt abgeholfen werden. Man kann im realen Leben das Adrenalin ablassen – in einem „Wutraum“. Der erste seiner Art in Deutschland trägt das griffige Label „Schlag dich fit“. Der wurde in Halle in einer leeren Halle eingerichtet. Nun gibt es auch in München, großstadtgerechter und damit chicer, auch einen Wutraum, wo man richtig Dampf ablassen kann.
Man muss dabei nicht etwa gegen ein Hassobjekt antreten und sich mit diesem prügeln, etwa dem Chef oder der Kollegin, die einfach besser aussieht oder gegen den Typen in der Fabrik, der einfach die besseren Weiber abkriegt. Manche Besucher, die kommen und für den Wutraum-Wahnsinn bezahlen, bringen Bilder von Leuten mit, gegen die sie tief aus dem Herzen eine Abneigung hegen. Aufs Bild geguckt, in die Hände gespuckt, mit den Vorschlaghammer ausgeholt – und los geht’s: Mit Herzenslust darf man dann Altmöbel zertrümmern oder gleich einen ganzen Kleinwagen zur Schrott zerhauen.
Scheidung aufarbeiten
Da kommt dann eine frustrierte 38-Jährige den Münchner Wurtraum, um mit dem Baseball-Schläger die Scheidung ,aufzuarbeiten’. Die Freundinnen hat sie auch gleich mitgebracht. Klar, die Sau oder den Eber rauslassen, geht am besten in der Gruppe. Man kennt das von den Hooligans. Und dann noch schnell den Müll auf Facebook eingestellt oder an die WhatsApp-Gemeinde verschickt. Cool. Und der Wutraum-Dienstleister kann neue Kohle mit neuer Klientel verdienen. In München, ausgewiesene Schickeria-Stadt, gibt es vor oder nach der Vorschlaghammer-Action noch ein Glas Sekt, im Preis vermutlich inbegriffen.
Idee aus den USA
Die Idee zum Wutraum stammt aus dem Wunderland des Kapitalismus, den USA. Im texanischen Dallas wurde in einen „Anger Room“ geladen. Dort wie in Deutschland kann man zwischen unterschiedlichen Werkzeugen der Abreaktion wählen: Wuchthammer, Knüppel, Baseballschläger oder Golfschläger. Der Golf-Begriff vom „einlochen“ bekommt da eine völlig neue Bedeutung.alle eingerichtet. Nun gibt es auch in München einen
Natürlich, wie könnte es anders sein, haben sich auch schon Wissenschaftler der zweiten Reihe mit dem Phänomen beschäftigt. Michael Kopper, „Aggressionsforscher“ und Diplompsychologe aus Köln, findet einen Wutraum nicht schlecht. Denn, aufgepasst: „Die Verdrängung von Aggression ist das Schlimmste, was man machen kann.“ Damit kann man auch den Zulauf zu den Terroristen der IS erklären.
Wie wär’s zur Abwechslung mal mit – Sport. Oder dem Nachbarn beim Verlegen der Knochensteine in seiner Hofeinfahrt zu helfen. Das verschleißt ziemlich viel Muskelkraft. Ist aber uncool, oder? Cool wäre es natürlich, wenn Krankenkassen den Wutabbau im Wutraum als Therapie bezahlen würden. Für schwer erziehbare Erwachsene.