PISTIS – DER GLAUBE IN DER ANTIKE

Unter Glaube versteht man ganz allgemein die Wahrheitsvermutung für etwas bislang nicht Erwiesenes oder auch gar nicht Beweisbarem. Häufig wird der Begriff Glaube aber mit religiösem Glauben, der die...

Unter Glaube versteht man ganz allgemein die Wahrheitsvermutung für etwas bislang nicht Erwiesenes oder auch gar nicht Beweisbarem. Häufig wird der Begriff Glaube aber mit religiösem Glauben, der die Existenz überirdischer Kräfte annimmt, gleichgesetzt. Das deutsche Wort Glaube wird in dem hier behandelten Sinn verwendet als Übersetzung des griechischen Substantivs (Pistis) mit der Grundbedeutung von Treue und Vertrauen.

Es geht um ein Überzeugt sein im Sinne festen Vertrauens, das im Verhältnis zum Wissen im neuzeitlichen Sinn als bloß subjektives für Wahr-Halten betrachtet wird. In der Philosophie Platons wird der Glaube (Pistis) als höchste Stufe der Erkenntnis der sichtbaren Dinge angesehen. Wobei jedoch erst die Einsicht (Episteme – Wissenschaft) das Wissen der Idee ermöglicht. Aristoteles betrachtet den Glauben als mittlere Erkennntnisstufe zwischen bloßer Meinung (Doxa) und wissende Einsicht (Logos Dianoia).

Der Vernunftglauben

Kant unterschied Glauben als nur subjektiv zureichendes Für- wahr-Halten und Wissen als subjektiv und objektiv zureichend für Wahr-Halten. Gleichzeitig begründete er einen auf sittlichen Bedeutungen beruhenden praktischen Vernunftglauben. Zu diesem Vernunftglauben gehören unter anderem die Ideen von Gott, Freiheit und Unsterblichkeit als Postulate der praktischen Vernunft. Glauben ist somit kein Wissen, denn ein Gott, der gewusst werden könnte, wäre gar kein Gott.

Das Wort Glaube ist verwandt mit „lieb“ und „Lob“. Sich etwas lieb, vertraut machen, die Anerkennung eines Sachverhaltes als wahr auf die Mitteilung einer anderen Person hin, ohne eigene Prüfung. Es ist auch das Vertrauen auf einen Menschen, auf seine Treue und Ehrlichkeit. Oder die mit innerer Gewissheit verbundene Anerkennung einer Heilslehre oder das Vertrauen auf Macht und Hilfsbereitschaft der Gottheit. Der christliche Glaube ist die inner Gewissheit, dass der Mensch in der Lehre und Person Jesu Christi der geschichtlichen Offenbarung Gottes begegnet.

Glauben als vermuten

Glauben findet sich im alltäglichen Sprachgebrauch auch in der Bedeutung von „meinen“ und „vermuten“. Man sieht das in Sätzen wie „Ich glaube, es wird ein schöner Tag.“ Hier drückt sich also die Meinung aus, dass vielleicht etwas wahr werde – oder auch nicht. Glaube im Sinne von felsenfest von etwas überzeugt zu sein, ist eine feste Zuversicht und ein nicht Zweifeln an den, was man nicht sieht.

Glaube und positive Gefühle führen zu einer Stärkung des Immunsystems. Der Glaube an die Genesung und die Zuversicht gesund zu werden, sind die besten Medikamente, die wir uns selbst verabreichen können. Das Schöne an diesen Medikamenten ist: Sie haben keine unerwünschten Nebenwirkungen und kosten nichts. Der Volksmund sagt: „Du musst an dich glauben“ – „Glauben versetzt Berge“.

Höchste Gewissheit

Glauben im Sinne von vermuten ist an der neuzeitlichen Formen und Weltvergewisserung orientiert und gründet geistesgeschichtlich in der Unterscheidung der Aufklärung zwischen Gewissheit gebender Vernunft und zufälligen Geschichtswahrheiten – während die christliche Aussage „Ich glaube“ höchste Gewissheit anzeigt. Die Umgangssprache dagegen will durch die Verwendung des Verbs „glauben“ gerade einen Vorbehalt hinsichtlich der Gewissheit anbringen möchte.

Kant will dem Glauben zwar Redlichkeit zubilligen und die existenzielle Verbindlichkeit betonen, doch gelingt es ihm nicht mehr, den Glauben als Wirklichkeitsansage zu verstehen. In den hellenistischen Christengemeinden werden Glauben, Vorgang und Begriff endgültig miteinander verklammert. Von da an ist das entfaltete christliche Glaubensverständnis in den Wortstamm (Pistis) integriert und hält Einzug in die sprachliche Äquivalente der Übersetzung. Die Bildung des Wortstammes von Pistis hat im klassischen Griechischen keine religiöse Bedeutung. Wenn der Wortstamm trotzdem zum Träger des Glaubensverständnisses werden konnte, so ist dafür die griechische Übersetzung des alten Testaments verantwortlich.

Gott kommt zum Glaubenden

Der Glaube ist bei den Christen auf das verheißende Wort bezogen und erwartet von Gott, dass er einlöst, was er verspricht. Der Glaube tritt nicht aus der Wirklichkeit heraus, sondern durch ihn tut sich Wirklichkeit auf. Der Glaube ist also keine religiöse Tugend, der Gedanke an seine Verdienstlichkeit absurd. Der Glaube ist so das Ereignis des Kommens Gottes. Der Auferstehungsglaube bedeutet, dass Gott den Zeugen des Glaubens nicht verlässt. Gott ist dann der ihm erschienene Glaube. Dadurch ist nicht das Sterben abgeschafft, aber der Tod überwunden. Paulus sagt: „Wer glaubt, hat das Gericht durchschritten, ist aus dem Tod ins Leben getreten, ist wiedergeboren.“

Alles, was Gott zu geben hat, schafft er durch das Wort, dadurch hat der Glaube die ganze Gabe Gottes. In Sachen Glaube gibt es die interessante Geschichte mit dem ungläubigen Thomas. Der Begriff des ungläubigen Thomas ist aus dem Evangelium nach Johannes abgeleitet, wo der Apostel Thomas erst dann die Auferstehung Jesu glauben will, wenn er dessen Wundmale berührt hat. Thomas war nicht dabei, als Jesus kam.

Ungläubiger Thomas

Als die anderen Jünger zu ihm sagen „Wir haben den Herren

gesehen“, entgegnete er skeptisch: „Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe, und wenn ich meine Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“ Acht Tage später war Thomas dabei, als Jesus trotz verschlossener Türe in ihre Mitte trat. Dann sagte er zu Thomas: „Streck deine Finger aus, hier sind meine Hände, streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ Thomas tat dies und sagte tief beeindruckt: „Mein Herr und Mein Gott“.

Jesus aber sagte zu ihm: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Seelig sind die, die nicht sehen und doch glauben“.

In der Begegnung mit der Gnosis (Erkenntnis) trifft der Glaube mit einem dualistischen Weltverständnis zusammen. In Abgrenzung zur Gnosis wird besonders in Alexandrien das Verhältnis von Glaube und Erkennen neu bestimmt, zwischen beiden besteht kein Gegensatz. Es gibt weder Erkenntnis ohne Glauben noch Glauben ohne Erkenntnis. Denn vom Glauben kommt man zur Erkenntnis. Dass es Gott gibt, kann nicht bewiesen werden, sondern es muss geglaubt werden.

Prometheus und die Götter

Zum Schluss nach Platon: Wohl aber gelingt es ihm (Prometheus), heimlich in der gemeinsamen Behausung der Athene und der Hephaistos (Gott des Feuers und der Schmiede) einzudringen. Diese Werkstätte ihrer Kunstliebe. Da stiehlt er die Feuerkunst des Hephaistos und die anders geartete Kunst der Athene und macht sie dem Menschen Geschenk. Damit wird der Grund gelegt zu der leiblichen Wohlfahrt des Menschen. Den Prometheus (Freund und Kulturstifter der Menschheit und Feuerbringer) aber traf später infolge der Thorheit des Epimetheus (Bruder von Prometheus), wie die Sage erzählt, die Strafe für den Diebstahl. Da er aber der Götter teilhaftig geworden war, war er unter allen Geschöpfen wegen dieser Verwandtschaft mit den Göttern der einzige, der an die Götter glaubte.

 

 

 

Konstantin Gorlas
Philosoph
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